31. Januar 2020

4. Geburtsbericht Primäre Sectio

Ich freue mich sehr euch den Geburtsbericht von M. vorzustellen. Es kam anderst als gewünscht und doch schreibt die Mama:"Ich bin heute noch beseelt von diesem wunderschönen Erlebnis." Danke du wunderbare Mama und Frau!

Geburtsbericht von M, primäre Sectio bei 39+2 SSW

Mein Geburtsplan war eigentlich ein ganz anderer... Nachdem ich meine erstgeborene Tochter per Notfallkaiserschnitt zur Welt brachte, war ich in der zweiten Schwangerschaft sehr positiv eingestellt, dass ich unser zweites kleines Wunder spontan gebären würde.

Die Schwangerschaft verlief problemlos und es ging mir sehr gut. Die regulären Kontrollen hatte ich auf meinen Wunsch abwechselnd beim Gynäkologen und bei der Hebamme, welche mich bei der ersten Geburt begleitete. Beide bestätigten, dass eine Spontangeburt möglich sei. Die Narben des Kaiserschnitts waren sehr gut verheilt, das Kind war kleiner als das Erstgeborene und nichts sprach gegen meinen Wunsch, eine Spontangeburt anzustreben. Ich war so dankbar.

Durch eine schwangerschaftsbedingte Lebererkrankung wurde ich kurz nach dem grossen Organultraschall mit einem erhöhten Risiko für Frühgeburtlichkeit sowie einer Unterversorgung der Plazenta konfrontiert. Interessanterweise war ich zu keiner Zeit beunruhigt. Ich spürte so sehr, dass es dem kleinen Menschlein in mir gut ging und dass alles gut werden würde. Durch diese Diagnose wurde ich engmaschiger überwacht, um die Entwicklung des Kindes sowie die Funktionalität der Plazenta im Auge zu behalten. Nach wie vor entwickelte sich glücklicherweise alles regelgerecht. Rein körperlich spürte ich durch eine medikamentöse Therapie nichts von der Diagnose.

Im Gespräch mit dem Gynäkologen wurde klar, dass ich dieses Kind nicht übertragen durfte, denn durch diese Komplikation war die Versorgung der Plazenta und schlussendlich des Kindes je länger die Schwangerschaft dauerte nicht mehr optimal gewährleistet. Emotional war ich erstaunlich gelassen, mein Urvertrauen, dass alles gut kommt war unerschüttert. Nach wie vor genoss ich diese Schwangerschaft sehr und auch dem Kind ging es sehr gut, es entwickelte sich regelgerecht.

Mir war bewusst, dass ich dieses Kind möglicherweise nicht spontan gebären durfte. Obwohl mein Geburtsplan eigentlich ein ganz anderer war konnte ich mich sehr gut damit abfinden, dass ich das Kind möglicherweise nicht spontan gebären würde. Zu jeder Zeit war mir das Kindswohl das Allerwichtigste. Ich freute mich einfach so sehr auf dieses kleine Wunder und war gespannt auf sein Geschlecht, sein Aussehen und auf das Familienleben zu viert.

Als es Richtung ET ging wurden die Kontrollen noch engmaschiger. Es gab keinerlei Anzeichen für einen baldigen Geburtsbeginn. Keine einzige Übungswehe und ich immer noch topfit und voller Energie. Bei einer dieser Kontrollen sprach mich der Gynäkologe auf einen Kaiserschnitt an. Da der Befund auch in der 39. SSW weitgehend von einer Geburt entfernt war legten wir ein Datum für den Kaiserschnitt fest. Dem Kind gefiel es offenbar einfach zu gut in meinem Bauch. Das Wissen, dass am Tag X das Kind zur Welt kommen würde war ein wenig merkwürdig, fast ein bisschen wie ein Businesstermin. Andererseits konnte ich so alles zuhause fertig vorbereiten und die Betreuung unserer Tochter in Ruhe festlegen. Meine Eltern weihten wir als Einzige über den Geburtstermin ein, sie betreuten auch unsere Tochter während meinem Spitalaufenthalt.

Ich war sehr gelassen, voller Vorfreude und genoss die letzten Tage meiner Kugelzeit sehr. Mir ging es körperlich so gut, ich fuhr noch Fahrrad bis am Tag vor dem geplanten Kaiserschnitt. Am Abend vor dem geplanten Kaiserschnitt holte meine Mutter unsere Tochter ab, damit wir anlässlich unseres Hochzeitstages zusammen Abendessen gehen konnten. Es war ein wunderbarer Abend, wir waren voller gespannter Vorfreude auf unser zweites Baby. Nervosität verspürte ich keine, im Gegensatz zu meinem Mann. Er hatte die Notfallsectio noch in sehr präsenter Erinnerung, die Hektik, die Angst um unsere Tochter und mich damals.

An diesem Abend spürte ich, dass ein zweiter Kaiserschnitt für mich und wohl auch für meinen Mann heilend sein würde. Ich wusste, dass eine geplante Sectio mit Sicherheit sehr viel ruhiger ablaufen würde als die Notsectio. Ich schlief in dieser Nacht seelenruhig. Erholt und freudig aufgeregt fuhren wir am Morgen in die Frauenklinik. Ich war immer noch sehr gelassen und voller Glücksgefühle. Wir wurden herzlich von unserer Hebamme begrüsst und nach eineinhalb Stunden ging es in die OP Vorbereitung. Mein Herzschlag beschleunigte sich im Wissen, dass ich bald mein Kleines im Arm halten würde. Die Stimmung im OP war fröhlich, ruhig und sehr angenehm. Nach der Rückenmarksnarkose war dann auch mein Mann in OP Kleidung an meiner Seite. Wir scherzten mit dem OP Team, es war alles so anders als bei der ersten Sectio, einfach wunderschön und ganz ohne Hektik. Mein Gynäkologe fragte mich, ob ich bereit sei für mein zweites Schätzali... oh ja und wie ich das war. Ich spürte das Rumpeln im Bauch, den Druck von Händen die darauf drücken. Und plötzlich hörte ich das Schreien dieses neugeborenen Wunders.

Mein Mann war längst aufgestanden und hatte zugesehen. Er drehte sich zu mir um und fragte: „Möchtisch wüssa was as isch? A klisas Büabli.“ Nun konnte ich meine Freudentränen nicht mehr länger zurückhalten. Ein gesunder kleiner Lausbub... wie sehr hatte ich mir dieses kleine grosse Wunder gewünscht... ich war unendlich glücklich... Mein Mann durfte die Nabelschnur durchschneiden und dann brachte unsere Hebamme uns freudestrahlend unseren kleinen Jungen – ganz ruhig und mit grossen Augen schaute er mich an. Mein Herz schmolz bei diesem Anblick dahin, es war einfach perfekt. M. durfte einen langen Moment bei mir bleiben, wir kuschelten und ich war ganz mit ihm, alles rundherum nahm ich nicht mehr wahr. In diesem unendlich wertvollen Moment gab es nur uns. Ich vergass vollkommen, dass ich in einem OP lag und rundherum gearbeitet wurde von einem grossen Team.

Ich war so unendlich dankbar, glücklich und versöhnt – auch wenn mein Geburtsplan ein anderer war – diese Geburt war einfach nur wunderschön und ich hätte sie mir nicht perfekter wünschen können. Nach meiner ersten beängstigenden Erfahrung mit der Notfallsectio rückte mit dieser Geburt das letzte Puzzlestück an seinen richtigen Ort – ein Kaiserschnitt ist eine genauso wunderbare, einzigartige und so schöne Weise, ein Kind zur Welt zu bringen. Ich bin heute noch beseelt von diesem wunderschönen Erlebnis, das meine Gedanken und Empfindungen zum Kaiserschnitt versöhnt und geheilt hat.