9. Februar 2021

Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf

Kennst du dieses afrikanische Sprichwort? Hattest du auch schon den Wunsch nach einem Dorf rund um deine Familie?

Ich bin in den etwas mehr als acht Jahren Mama sein, so oft an diesen Punkt gekommen, wo ich mir dieses Dorf, diese Gemeinschaft gewünscht habe. Und ich weiss, wir sind sehr privilegiert und haben die Grosseltern nah. Manchmal habe ich wirklich die Dorfvorstellung, wo alle nah beieinander sind und man schnell einkaufen kann oder etwas ohne Kinder erledigen, ohne dass jemand organisiert werden muss. Und ich merke auch, dass das auch einfacher wird, umso älter die Kinder werden.

Ich kann mich noch genau erinnern, als meine grosse Tochter wenige Wochen alt war, mein Mann hatte nach der Geburt drei Wochen unbezahlten Urlaub genommen, was ich wirklich allen werdenden Eltern ans Herz lege. Und mir eine nahestehende Frau sagte: «Jetzt musst du dann aber schon mal alleine sein mit dem Kind.» Und ich weiss, dass diese Mama oft die Familie alleine gestemmt hatte. Ich fühlte mich nach dieser Aussage falsch, fragte mich, warum muss ich alleine sein? Sieht es so aus also könne ich nicht alleine für mein Kind sorgen? Ist es nur meine Aufgabe als Mutter alleine für das Kind zu sorgen?

Und ich muss ehrlich gestehen, dass ich bei den nächsten Kindern manchmal nicht gesagt habe, dass mein Mann wieder unbezahlten Urlaub hat oder nicht so lange. Einfach weil ich dachte, es wirkt so als ob ich nicht alleine für meine Kinder sorgen kann. Heute weiss ich, dass es das Beste war, dass wir uns Familienzeit nach den Geburten gegönnt haben, der Alltag kam schnell. Ich weiss heute auch aus Überzeugung, dass ich nicht alleine für die Kinder sorgen muss. Und warum sollte ein Vater nicht die Chance haben, seine Kinder zu begleiten, die ersten Wochen der Familie miterleben?! Natürlich stimmt dieser Weg nicht für alle, also bewerten wir nicht und unterstützen uns gegenseitig mit Verständnis.

Zurück zum Dorf. Wie dieses Dorf für jede einzelne Familie aussehen mag, ist ganz individuell. Vielleicht sind es verschiedene Familien, die Grosseltern, Tagesmutter, Kita oder eine Mischung. Wichtig scheint mir, dass niemand da draussen das Gefühl hat, alles alleine machen zu müssen. Wir müssen gar nichts. Wir dürfen uns unser Dorf nach unserem Geschmack und den Möglichkeiten aufbauen. Und ich glaube wirklich, dass es ein Aufbauen ist und sich auch immer wieder verändern darf. Wir dürfen geben und nehmen. Wir dürfen Mama und Papa sein, Paar sein und auch Frau und Mann sein. Eine Familie ist ein riesiges Lernfeld, es kommen verschiedene Bedürfnisse zusammen, alle haben die gleiche Berechtigung. die Herausforderung ist es, die Bedürfnisse zu stillen und das keiner auf der Strecke bleibt.

Wenn wir ein Dorf haben und wenn es auch nur ein kleines feines Netz ist, ist es einfacher, dass jeder auf seine Kosten kommt und die Bedürfnisse gestillt werden können. Und ich erfahre immer wieder, indem wir unser Bedürfnisse kommunizieren, öffnen wir den Raum, dass sich auch andere Mamas und Papas getrauen ihre Wünsche und Gedanken zu teilen. Und vielleicht ergeben sich so ganz neue Möglichkeiten eines modernen Dorfes.

Es ist mir ein grosses Anliegen, dass die Bedürfnisse von werdenden Eltern gehört werden, dass Raum da ist, Gedanken zu teilen und das jede und jeder seinen eigenen Weg gehen darf.

Geburtsliebe – aus Liebe zu dir.